Zwischen Tal und Mühlen - Geschichte des Siebenmühlentals
Musberg – Siebenmühlental – Waldenbuch
Hier finden Sie die Tour samt interaktiver Karte und nützlichen Informationen im Tourenportal von OutdoorActive:
Wir fahren mit dem Bus nach Musberg bis Haltestelle "Musberg Kirche". Dazu steigen wir in Waldenbuch an der Bushaltestelle "Postamt Waldenbuch" in die Linie 86/826. Nach ca. 28 Minuten erreichen wir unser Ziel, das wir sicherheitshalber dem Busfahrer vorher auch sagen, damit er anhält. Nach dem Aussteigen gehen wir auf der gegenüber liegenden Straßenseite in Fahrtrichtung weiter, halblinks die Böblinger Straße abwärts. Beim Haldenbrunnenweg biegen wir links ab, hinunter zum Mühlenweg, diesem wiederum nach links.
Siebenmühlental: Dieser Begriff ist etwas irreführend, standen doch ursprünglich mehr als 7 Mühlen hier entlang des Reichenbachs. Eine Erklärung könnte eine urkundliche Erwähnung von 1383 sein, wo von 7 Mühlen "im Richenbach" geschrieben steht. Heute sind noch 11 Mühlen zu sehen, die andere Funktionen (Landwirtschaftsbetriebe, Pferdepensionen oder Gasthäuser) haben, nur wenige sind noch Mühlen. Mäanderförmig schlängelt sich der Reichenbach durch das Tal. Früher sicher ein wasserreicher Bach, hat er doch viele Mahl-, Getreide- und Walkmühlen betrieben. Das Müllerhandwerk war ein angesehener Beruf. Die Müllersleut' waren einsame Familien, die außerhalb der Orte an Bächen siedelten. Die Bauern waren auf sie angewiesen, denn erst durch das Mahlen wurde ihr Korn wertvoll.
Die eigentlichen Herren über das Tal waren im 14. Jh. die württembergischen Grafen. Es gab auch noch die Grundherren, für lange Zeit das Kloster Bebenhausen. Die vom Kloster erhobenen Abgaben waren sehr hoch: teilweise betrugen sie ein Viertel bis ein Drittel des Ertrags! Dagegen waren die württembergischen Grafen direkt bescheiden. Sie begnügten sich mit 2 Hühnern, 10 Eiern und 2 Stück Käse im Jahr (lt. Urbar = Abgabenbuch von 1383).
Die Müller hatten auch Privilegien: so war es ihnen als Gegenleistung für ihre Abgaben im Jahr 1451 gestattet, im Schönbuch Holz zu hauen, zu zimmern, zu brennen, zu zäunen, soviel sie für notwendig erachten und wo sie wollen, ebenso Steine zu brechen und Sand zu graben, jedoch ohne den Wald zu schaden. Diese Rechte sind im Laufe der Zeit immer weiter beschnitten worden, bis 1820 der Staat jedem Müller als Ersatz für diese Waldrechte ein eigenes Waldstück mit 14 - 16 Morgen übereignete.
Auf der gegenüberliegenden Talseite sehen wir bereits die
1. Obere Mühle
Sie gehört zu den ältesten Mühlen und stammt aus dem Jahre 1350. Die Nutzung ist heute eine andere: ein Reitstall und eine Skiliftanlage. Unmittelbar am Weg steht im weiteren Verlauf unserer Wanderung die
2. Eselsmühle
Von 1451, als Getreidemühle bis heute in Betrieb. Wir schauen uns das große Mühlrad an, verborgen hinter einer kleinen, alten Türe rechts an der Ecke. Ein Lichtschalter ist rechts oben am Türrahmen. Gegenüber der Mühle befindet sich noch eine geologische Sammlung. Vom Holzofenbäcker kann man Backwaren und im Kaufladen Bioprodukte erwerben. Im 1. Stock ist ein Café eingerichtet. Wir nehmen unseren Wanderweg wieder auf, kommen unter der Bahnbrücke mit ihren 5 Bogen durch (oben verläuft auf der ehemaligen Bahntrasse der Bundeswanderweg von Musberg nach Waldenbuch) und finden auf der gegenüberliegenden Straßenseite den Fußweg zur
3. Mäulesmühle
Von 1350, zählt sie ebenfalls zu den ältesten Mühlen im Tal, aber nicht mehr in Betrieb. Das schöne Fachwerkhaus von 1819 beherbergt ein Restaurant im 1. Stock und darunter eine kleines Mühlenmuseum. Ihm sollte man einen Besuch abstatten, wenn gerade geöffnet ist. Im rechten Gebäude ist die "Komede-Scheuer in der Mäulesmühle" untergebracht. Die Mundart-Aufführungen sind weithin bekannt. Wir gehen zwischen den Häusern weiter, vorbei an einem Grill- und Kinderspielplatz, über die kleine Brücke und links neben der Straße den nicht asphaltierten Rad-/ Fußweg entlang. Wir erreichen bald die Seebrückenmühle, die wir über den Parkplatz auf der anderen Straßenseite erreichen.
4. Seebrückenmühle
Gegründet 1556. Eine Brandbombe zerstört 1944 völlig die Mühle. Nach dem Wiederaufbau wurde ein Restaurant daraus. Dort befindet sich auch die Galerie "Weisse Scheuer" von Hans Hahn-Seebruck, Bildhauer und Maler. An der linken Ecke des Parkplatzes führt ein geteerter Fahrweg am Waldrand weiter. Das Wanderzeichen rotes Kreuz weist uns nun durch das ganze Tal. Als nächstes kommen wir zur
5. Schlechtsmühle
1451 erste Erwähnung als Getreidemühle. Heute ein Bioland Hof, den wir nicht besichtigen können. Am Waldrand führt der Weg weiter talabwärts, bis rechter Hand zwei Weiher zu sehen sind und ein Pfad abwärts führt. Er endet an der
6. Schlößlesmühle
1451 erstmals erwähnt, steht direkt an der Schweizer Straße (ehemalige Poststraße, der alte Verbindungsweg von Stuttgart über Tübingen nach Basel). 1912 wurde die Schankerlaubnis erteilt und Getreide gemahlen wurde bis 1925. 1945 schwer beschädigt. Nach dem Wiederaufbau als Gaststätte errichtet. Mahlsteine stehen noch an der Hauswand. Wir gehen um das Gebäude, über die steinerne Brücke und gleich links dem Wanderzeichen rotes Kreuz folgend auf der rechten Bachseite abwärts. Dieser Weg führt parallel zum Rad-/Wanderweg, der etwas oberhalb verläuft (bei feuchtem Wetter ist der asphaltierte Weg zu empfehlen). Bald taucht auf die
7. Walzenmühle
1707 am Platz der früheren Hagdornsmühle erstellt. Das Mühlrad drehte sich bis 1930, heute ein Reiterhof. Auf dem weiteren Weg stehen links immer mal alte Grenzsteine, die man beachten sollte. Auf einem ist die Jahreszahl 1749 auf der Rückseite zu lesen. Der Weg endet an einem Querweg, der von links kommt. Wir gehen nach rechts, überqueren den Rad-/ Wanderweg und auf dem folgenden Waldweg links weiter, etwa 3 m oberhalb des Rad/Wanderweges.
Bäume unter uns, das Fachwerk der Kochenmühle, wohin uns auch die Wanderzeichen roter Punkt / rotes Kreuz abwärts führen.
8. Kochenmühle
1451 erbaut, war bis 1931 in Betrieb. Heute als Reitstall genutzt und nicht zu besichtigen. Wir gehen im Rechtsbogen durch das Gelände auf der Fahrstraße weiter und kommen so an die
9. Obere Kleinmichelesmühle
1709 erbaut, als Getreidemühle bis etwa 1975 in Betrieb. Der geteerte Fahrweg führt uns direkt in das Gelände eines Sägewerks, wo links am Waldrand die nächste Mühle steht.
10. Untere Kleinmichelesmühle
1417 erste Erwähnung als Getreidemühle. 1907 zu einer Sägemühle umgebaut und bis heute ein Holzsägewerk. Nach der Durchquerung kommen wir an eine Fahrstraße, der wir nach rechts folgen. Das Fachwerkhaus auf der linken Straßenseite ist die ehemalige
11. Burkhardtsmühle
Die jüngste Mühle im Tal, 1825 als Holzsäge erbaut. Früher gehörten noch eine Hanfreibe (Seilerei) und ein Freibad dazu. Die Säge ist bis heute in Betrieb. Der Reichenbach liefert für die eigene Stromerzeugung mittels einer Kaplanturbine das Wasser. In der Burkhardtsmühle befindet sich eine griechische Gaststätte mit Terrasse, die zu einer Einkehr einlädt. Wir verlassen jetzt das Reichenbachtal und gelangen in das Aichtal, wenn wir auf dem Wanderweg bleiben, der uns im großen Rechtsbogen auf die andere Aichtalseite führt und vorbei an der
12. Bachenmühle
Sie wurde als Ölmühle schon 1648 betrieben und um eine Getreidemühle 1699 von Matthäus Bach erweitert. Heute nach umfangreichem Umbau als Pferdepension genutzt. Wir kommen vorbei am Ortsteil "Glashütte" und der
13. Pfäfflesmühle
1864 als Sägmühle von einem Zimmermann Eberwein erbaut, heute ein Wohnhaus und durch Bebauung verdeckt. Über die Bahnhofstraße, sowie dem Neuen Weg entlang kommen vorbei an der
14. Stadtmühle
1785 als Mahlmühle eingerichtet vom Müller Rudolf Haab und immer noch in Betrieb. Dort finden Sie auch einen Mühlenladen. Ein eigener Mühlkanal treibt eine Turbine zur Stromerzeugung. Wir gehen links um das Haus, kommen in die Straße Unter der Mauer und gehen wieder nach links, am alten Backhaus vorbei und sind alsbald an unserem Ausgangspunkt.
Dieser Wanderweg wurde von Walter Nogger (Wanderführer im schwäbischen Albverein e.V., Ortsgruppe Waldenbuch) ausgearbeitet.
Empfohlene Wanderkarte
Topographische Karte "Stuttgart“, Blatt 12 im Maßstab 1:35.000, Herausgeber: Landesamt für Geoinformationen.